Dreieck

Abgetaucht in einem Nebel um mich herum, erkenne ich das Jetzt, was war, und was sein werden würde. Ich schwebe schwerelos, schaue mich um, und denke nach, was war nochmal die Frage? Ach ja, warum ich so verklebt im Hier und Nun. Auf einen Hügel blicke ich, wo da oben ein Mädchen spielt. Sie ist so frohgemut, schaut mich an, aber doch nicht wiederum. Ich gehe auf sie zu. Wie alt ist sie doch? Um die zehn, zwölf Lenze schon. Ich gehe auf sie zu, mein Herz rast und steht still in einem fort. Ich liebe sie, ich liebe sie. Aber warum? Wer ist sie eigentlich, nur ein Bild ohne Grund? Mein Herz flüstert: „Du kennst sie schon!“. Ja, tue ich, seit so langer Zeit, über viele Leben hinweg mal, und in der Zukunft. Sie ist meine Schwester, mein ein und alles, mein Leben würde ich für sie geben. Was ich spüre, überflutet mich, wanke dem Boden entgegen. Doch ich bleibe auf den Beinen stehen. Sie ist meine Schwester. Sieht sie mich auch mit ihrem kleinen Herzen? Mich? Ich weiß es nicht. Sie ist so fröhlich, warum sollten solche Gefühle sie betrüben. Sie lacht zu mir herüber. Ja, du bist es, meine Perle, du und keine andere. Und im Jetzt? Ein Strudel reißt mich herum. Das war doch ein Bild aus der Vergangenheit, ihre Seele lebt, doch nicht mehr als sie selbst. Warte, warte mein Ich! Sie hat jetzt ein anderes Gesicht, und du willst sie immer noch beschützen, loskommen von ihr nicht möglich. Ja, warte, warte mein Ich! Aber sie ist nicht mehr meine Schwester. Im Jetzt ist sie meine Frau! Ich kehre zurück in meinen Traum, zum wahren Sehen. Auf dem Hügel steht sie noch, und jagt den Wind mit ihren Haaren. Die Ähren um sie herum versuchen ihr gleich zu tun. Rückwärts gewandt entferne ich mich von ihr, die Augen abzuwenden, vermag ich nicht. Rückwärts komme ich in eine Gegend ohne Leben. Alles scheint tot zu sein, und dunkel, wie abgebrannt. Und da steh sie nun. Sie wartet auf jemanden, scheinbar auf mich. Eine Frau, ich habe sie doch schon gesehen. In einem Leben waren wir ein Paar, einem habe ich sie getötet, und für die Zukunft wurde mir vorhergesagt, durch ein Lichtbogentor würde sie mir entgegenfliegen. Ich erkenne sie. Und in dieser toten, aschdunklen Welt steht sie in Geduld gehüllt. Ich gehe auf sie zu, wähle meine Herzseite für sie. Sonst gehe ich immer an der linken Seite der Frauen, um sie aufzufangen, wenn sie mich brauchen. Aber sie, nein, sie muss auch nicht mich auffangen, denn gleich stark sind wir füreinander. Doch mein Herz schlägt auch in ihrer Brust. Kein Wort verlässt unsere Kehlen, kein Mund, keine Hand regt sich. Wie selbstverständlich schreiten wir gleichzeitig aus und gehen unmittelbar einem Ziel entgegen. Ich erinnere mich, wir durchschritten schon Jahrtausende auf diese Art, nicht Hand in Hand, Herz in Herz war die Berührung unserer Seelen. Wir gingen als Urmenschen, als Indianer, als Wanderer im Mittelalter. Und vielleicht auch in der Zukunft waren Wege für uns vorgesehen. Es ist so natürlich neben ihr, und für sie wohl auch mit mir. Es ist keine Liebe, kein Vertrauen, sondern viel, viel mehr. Wir sind die Menschenkinder, die miteinander verbunden die Zeit verbinden. Und nun, ohne ein Wort kommen wir bei meiner kleinen Schwester an. Sie spielt immer noch auf dem Hügel. Wir bleiben vor ihr stehen. Die Frau neben mir sagt auch jetzt kein Wort. Wozu auch? Im Dreieck schauen wir uns an. Die Kleine lächelt, ich liebe sie. Meine wahre Frau neben mir strahlt Weisheit aus. Und ich, nicht gefangen zwischen ihnen, weiß, mit wem mein Weg führt weiter fort. Ich lasse dich los, kleine Schwester, beschützen muss ich dich nicht mehr in keinem der Jahrhunderte. Geh‘ und wachse alleine weiter. Aber ich werde immer in deinen Gedanken sein, so, wie auch du mich immer begleiten wirst. Und solltest du mich doch brauchen, ein Gedanke reicht, und ich rette dein Leben. Aber jetzt musst du es alleine leben. Und, wie vom großen Uhrmacher vorgegeben, gehen meine Frau und ich auf den gleichen Herzschlag fort. Unser Weg führt uns weiter. Ich lasse dich los, kleine Schwester, um dich zu behalten.

Ladungen

Manche Ladungen ziehen sich an,
manche Ladungen stoßen sich ab.
Ich kenne aber auch Ladungen,
die die Anziehung auf Abstand halten,
und auch solche, die, was abgestoßen,
an sich haften.

Mosaikfreundschaften

Von keinem Freud darf man alles verlangen. Keiner kann einem alles fürs Leben bieten. Der eine kann dies, der andere das, so, wie auch ich für den einen dies, für den anderen das gut bieten kann. So ist ein Mosaik auch schön, doch in der Mitte sollte immer die Liebe für alle stehen. Und die eine Liebe sollte in der Mitte stehen!

Z(w)eit

Ich möchte durch Städte krengeln, mich erfreuen, ziellos schlendern, um dich springen wie ein Kind mit einem Eis in der Hand. Ich möchte durch Museen gehen, schauen, staunen wie in fremden Ländern, und deinen Worten lauschen Hand in Hand. Dann mit dir auf einer Bank mit einem Himmel über dem Blätterdach so blau, so blau, wie der nur blau sein kann. Ich möchte mit dir reden, lachen, deine Gedanken fassen, was dich beschäftigt, was du liest oder was ist gerade mies. Ich möchte wissen, wie es dir geht, woran dein Herz hängt, und deine Träume sehen, was in der Zukunft steckt. Ich möchte mit dir zu Abend essen, über den Tisch gelehnt dich küssen, küssen, und dir das Salz hinüberreichen, es aber nie verschütten aus meiner Hand. Und wenn ich mir den Zeh anstoße oder in anderen Heldentaten tobe, aufstehen will ich immer, damit ich zu dir zurückkommen kann. Und neben dir möchte ich liegen, deinen Atem hören und sehen dein Gesicht auch in der Dunkelheit. Ich möchte mit dir die Jahre zählen, oder was für uns vorgesehen, denn die Zeit ist das wahrhaft Größte, was man sich schenken kann zu zweit. Und immer will ich dir zur Seite stehen mit Herz und Kraft. … Aufgewacht!