Umwandlung

Heute wollte ich nichts schreiben. Doch ein Bild geht mir nicht aus dem Kopf. Viele kennen ihn wahrscheinlich, den Dunkelstern aus dem Film „Das fünfte Element“. Ein Himmelskörper, der immer größer wird, je mehr Hass man ihm entgegenbringt. Je mehr man ihn beschießt, umso mehr Macht verleibt sein gefräßiges Sein von böser Macht ein. Das Böse, dieses Bild wieder. Wie kann man ihm begegnen? Angreifen, ausgrenzen, verschieben? Wie reagiert unsere Gesellschaft darauf? Wissen wir, was eigentlich das Böse ist? Es gibt so viele Gedanken dazu, ich will keinen neuen dazudichten. Und welche Lösung erhält das Publikum? Nun, die Liebe erzeugt einen Strahl, der aus der Brust des höheren Wesens Leeloo gegen den Dunkelstern prallt, und ihn somit zum Stehen bringt. Aber was denn? Ich habe für diese Szene früher so geschwärmt, ich war hin und weg, was für eine Macht die Liebe hat. Doch der Stern bleibt dunkel, wächst bloß nicht mehr, erstarrt an Ort und Stelle, wird eingefroren in seiner Einsamkeit. Ist das wirklich die Lösung, erzwungen durch einen Beschuss? Ich hadere mit meinem Ja, denn was wurde erreicht? Klar, die Erde gerettet, laut Drehbuch halt. Aber ist das wirklich die Botschaft der Liebe? Schieße mit einem Strahl schöner Farbe, und definiere das Dunkle böse, dann dich selbst als guter Geist? Ist es nicht auch eine Machtausübung, nur einer anderen Art? Doch! Gedanken, Gedanken, die Tatsachen sprechen jedoch für sich. So weiß ich selbst nicht, wie man handeln kann und soll, wenn einen die Ohnmacht lähmt in Anbetracht des menschlichen Tuns aus niederen Motiven. Ich weiß nur, dass Liebe nicht zurückschießt, nicht ausgrenzt, nicht bestraft. Und ich weiß auch mit absoluter Sicherheit, dass Liebe empfängt, erklärt und umarmt. Sie ist langsam in ihrer Wirkung, und manchmal muss sie wahrhaftig einen Kampfschrei ausstoßen „Bis hierhin und nicht weiter!“, aber nur, um auch den Angreifer vor sich selbst zu schützen, das Opfer in Täters Gewand. Unumwunden umarmt, und nicht nur bunt bestrahlt.

Anmerkung: Zu ihrer Verteidigung sei gesagt, Leeloo war kein Mensch, nur ein höheres Wesen, dass auch noch viel zu lernen hat.

Keine Selbstzensur

In Anbetracht der Geschehnisse und des unaufhaltsamen und leider so aggressiven Wandels in der Welt verursacht durch uns Menschen habe ich mich gefragt, ob es angebracht sei, hier oder überhaupt über meine durchaus naiven Ansichten und seelischen „Wehwehchen“ zu schreiben, und vor allem diese meine Gedanken öffentlich zu machen. Sollte ich, statt über alles Mögliche zu sinnieren, doch im Grunde über Unwichtiges, nicht lieber etwas oder mehr Handfestes tun, denn Taten sagen mehr als tausend Worte? Darüber habe ich gestern mit einem für mich wichtigen Menschen gesprochen, dessen Ansichten ich sehr hoch achte. Die Antwort seinerseits kam unmittelbar, fast schon vehement: „Es ist wichtig für sich zu sorgen!“ Ja, das ist wahr, denn, wenn ich in mir ruhe, kann ich aus meinem Gleichgewicht heraus auch für andere besser sorgen. Und auch wenn ich nur das weitergebe, was ich fühle, und meine Gedanken mit einer positiven Botschaft beende, ist das so viel wert. Das Gute in der Welt scheint klein im Angesicht des wuchernden Bösen. Doch ersteres verhält sich wie Licht, das da ist als Energie, und als Fakt existiert. Dagegen ist der Schatten nur eine Eigenschaft, ein Zustand, ein Nichts. Der Schatten kann das Licht nicht vertreiben, aber für das Licht, diesen zu überdecken und zu umhüllen, ist ein Leichtes, und zeigt, dass, zu sein, es sich lohnt, einfach und immer. Aus allem, was schmerzt, was einen zu vernichten droht, erwächst doch immer etwas Neues, etwas Gutes, solange man dem Licht folgt. Dann wurde mir noch gesagt, es hieße, das Herz könne brechen vor Kummer, doch in Wahrheit verhält es sich anders. Es bricht nicht, es bricht nur auf und wächst über sich hinaus. Ja, und dieses Bild gab mir Kraft, denn Kummer empfinde ich sehr, wenn ich sehe, was wir tun mit der Welt. Und meine kleinen Sorgen? Sie sind da, sicher, aber eine Schande ist es nicht, über sie nachzudenken und auch zu schreiben, denn am Ende sehe ich doch immer das Licht, das ich in meinen Zeilen auch abstrahle. Und vielleicht, wie eine kleine Kerzenflamme, erwärmt dieses meine bescheidene Licht auch andere Herzen, die ihrerseits die Schatten in der Welt erhellen.

Richtungen

In der Bahn frage ich mich manchmal, wie soll ich sitzen, in welche Richtung soll ich blicken? In Fahrtrichtung blicke ich in meine Zukunft, sehe, was auf mich zukommt, aber nicht, was aus ihr geworden ist. So sitze ich gerne auch mit dem Rücken dazu, denn dann beginnt meine Zukunft in der Gegenwart und eine zeitlang hallt sie auch nach aus der Vergangenheit. So kann ich besser reflektieren und noch ausgedehnter verarbeiten, was gerade geschieht. Aber zurück nach vorne, das mag ich auch überaus gerne, denn so eile ich einer Zukunft entgegen mit Vorfreude. Gleiches abgebildet aus unterschiedlichen Blickwinkeln.

Sonderpaar

Ich fragte mich mal,
Was kann eine Welle reiten, nur eine andere Welle gar?
Nein, doch wenn eine Welle es ist, aufgetürmt jagen sie davon!
Ich fragte mich auch,
Was kann einen Stern umkreisen, nur ein anderer Stern wohl?
Nein, doch wenn ein anderer Stern es ist, wird ihr Tanz wunderbar!
Ich fragte mich noch,
Was kann einen Wirbelwind umarmen, nur ein anderer Wirbelwind?
Nein, doch wenn ein anderer Wirbelwind es ist, wird das Wilde sanft!

Horizonte

Mitten im Ozean auf einer Insel hoch auf einem Felsen sitzt ein Wesen. Bunt ist es und breit. Oder länglich und weit? Farblos? Leuchtend weiß jedenfalls? Hinter ihm eine Werkbank, darauf Spänen. Woraus sind die eben? Aus Holz, Metall oder nur dem Leben? Unter ihm das Wasserall. Die Augen geschlossen blickt er um sich, lauscht dem Wind, der seine Knöchel umschlingt, den Wellen, die sich schmeicheln oder fallen übereinander her. Die Arme ausgestreckt will es den Horizont berühren, an sich ziehen, um sich hüllen. Eine Landschaft stellt es sich vor mit Feldern von Rapps, Lavendel und Mohn gesprenkelt im grünem Gras. Weiche Hügel, frische Täler, ein Wald wie aus dem Märchenland erfüllen seinen Geist. Dann zieht es seine Hände ein und fragt sie „Was habt ihr die ganze Zeit gemacht? Das Leben gehobelt und geknetet auf bekannte Art?“ Ein Leuchtturm wollte es sein für alle Boote, die auf See gerieten in Gefahr. Aber auch bei Sonnenschein wollte es ihnen den Weg weisen … unvorstellbar. Sein Blick weiter umzingelt von trübem Allerlei schließt er die Augen wieder und sagt „Was ist vorne, was ist hinten, ist nur eine Frage der Perspektive, und man selbst auch ein Horizont für andere“, der aber nur erreichbar, wenn … so springt es ins Wasser in die Wellen, verlässt seine Insel, seine Werkbank, und nimmt sein Leben mit in unbekannte Welten. Schwimm, kleines Wesen, schwimm!