Heute früh im Auto …
Ich biege links ab, meine Ampel steht auf Grün. Ich sehe vorne, dass auch die Fußgänger Grün haben. Von links hinten kommt ein junger Mann mit einem Hund, er überquert die Straße, ich halte an, er geht vorbei. Vorne rechts steht eine junge Frau und tippt geschwind in ihr Handy. Sie blickt auf, dann den Mann an, der die Straße eben überquert hat, und schüttelt unverhohlen missbilligend den Kopf, gucken, schütteln, immer und immer wieder. Sie steht da, geht nicht über die Straße. Ich stehe auch, warte. Warum bewegt sie sich nicht? Für sie ist es ja grün. Dann schaue ich über meine Schulter nach hinten. Auf der anderen Straßenseite, also die Ampel, die sie sieht, steht auf Rot.
Bin erstaunt und erkenne, alle hatten recht, doch die äußeren Umstände haben die Frau „veranlasst“ eine unreflektierte, felsenfeste Meinung zu bilden und den Mann zu verurteilen. Warum hätte sie auch Zweifel haben sollen? Jedoch weiß ich, und zwar in dieser Konstellation nur ich, dass die Ampel defekt ist.
Sie ist Beobachter, er ist Beobachter, für sie ist die Katze in Schrödingers quantenmechanischem Gedankenexperiment tot, für ihn lebendig. Nur ich kenne die Zwischenwelt von „sowohl – als auch“. Aber wer ist denn dieses „Ich“ in meiner Geschichte, in meinem Leben, in den Leben aller? Denn alle glauben etwas zu wissen, gefangen durch die eigene Wahrnehmung der Sinne oder des Geistes mit all seinen überheblichen Schlussfolgerungen. Wer sitzt für mich im Auto und sieht die ganze Geschichte? Warum sagt er nichts?