Kürzlich wurde ich gekangt. What? Gekangt, klar doch! Ach, für nicht-Insider, ich war bei Frau Kang, meiner chinesischen Medizinerin.
Zunächst rammte sie mir höchst belustigt 12 Nadeln in den Bauch, denn sie sollen, wie selbstverständlich gegen Schmerzen in der Schulter helfen, das war ja mein Hauptanliegen, weswegen ich zu ihr kam. Dann noch je eine in meine Handgelenke … Ich war so töricht, und habe sie gefragt, ob sie mir etwas mehr innere Energie „verabreichen“ könne, mehr Ausgeglichenheit, mehr „Selbstverständnis“. Sie meinte, wieder lustig kichernd, das tut sie gerne, denn sie weiß und sie mag es, wie sich Langnasen unter ihren energetisch-energischen Bemühungen vor Schmerzen aufbäumen … also, sie meinte, sie würde mir meine „Egalpunkte“ aktivieren. Die darauffolgenden Sekunden haben mir mit Protuberanzen vor meinen geistigen Augen mehr als verdeutlicht, was sie darunter verstand. Genüsslich bohrten sich die Nadeln von ihren Wunderfingern geleitet an den besagten Egalpunkten in meine Handgelenke, so dass mein Chi in meine Mittelfinger nur so reinzischte. Vor allem meine rechte Hand, vom unwiderstehlichen Brennen ausgelöst, konnte sich die international anerkannteste aller „Fingerzeige“ nicht verkneifen. War das ein Signal? Ich denke, ja, dies muss eine göttliche Botschaft gewesen sein, sozusagen das große „Du-mich-auch“ aus dem Äther, angezapft und direkt durch die Nadelantenne über die Egalpunkte in meine beidseitigen Mittelfinger geleitet. Man könnte auch sagen, durch diesen Chi-Fluss wurde die erektile Kraft der Mittelfinger mobilisiert. Das ist quasi Handviagra per Akupunktur! Jedenfalls bin ich dadurch in einen „Egal-Modus“ versetzt worden, so wie sie es prophezeit hat. Ab da schien mir die Welt sich irgendwie einfacher, leichter, beschwingter zu drehen. Ich war mehr als vorher ein Bestandteil von ihr.
Nach meiner egalisierten Wiederkehr in den Aggregatzustand des Lebens hat mir Frau Kang in ihrem leicht abgewandelten Yoda-Dialekt bereitwillig noch eininge Gedanken mitgegeben:
„Toben muss der Mann, sehr viel Energie er hat“ und
„Nicht zu viel grübeln er soll“, sowie
„Zugreifen und halten er soll, nicht überlegen, ob…“, und schloss ihre philosophischen Ausführungen mit der nicht mehr so charmant klingenden Botschaft, denn ausformuliert in korrekt angeordneten Worten (wohl wegen des erdrückenden Wahrheitsgehaltes der Aussage):
„Im Leben gibt es zwei große Themen, Beziehungen und Geld, darum dreht sich alles, der Rest ist vernachlässigbar.“
Ich war mehrfach erleuchtet, sozusagen vom Lichte durchzischt (ich mag dieses Wort), als ich ihre Praxis verließ, und erkannte, dass sie so viel, unfassbar viel recht damit hatte, was sie sagte, und dass Akkupunktur wirkt, und es schön ist, wenn man das Leben, auch wenn nur mit etwas Schützennadelhilfe, leichter nehmen kann.
Danke, Frau Kang!