Ich möchte durch Städte krengeln, mich erfreuen, ziellos schlendern, um dich springen wie ein Kind mit einem Eis in der Hand. Ich möchte durch Museen gehen, schauen, staunen wie in fremden Ländern, und deinen Worten lauschen Hand in Hand. Dann mit dir auf einer Bank mit einem Himmel über dem Blätterdach so blau, so blau, wie der nur blau sein kann. Ich möchte mit dir reden, lachen, deine Gedanken fassen, was dich beschäftigt, was du liest oder was ist gerade mies. Ich möchte wissen, wie es dir geht, woran dein Herz hängt, und deine Träume sehen, was in der Zukunft steckt. Ich möchte mit dir zu Abend essen, über den Tisch gelehnt dich küssen, küssen, und dir das Salz hinüberreichen, es aber nie verschütten aus meiner Hand. Und wenn ich mir den Zeh anstoße oder in anderen Heldentaten tobe, aufstehen will ich immer, damit ich zu dir zurückkommen kann. Und neben dir möchte ich liegen, deinen Atem hören und sehen dein Gesicht auch in der Dunkelheit. Ich möchte mit dir die Jahre zählen, oder was für uns vorgesehen, denn die Zeit ist das wahrhaft Größte, was man sich schenken kann zu zweit. Und immer will ich dir zur Seite stehen mit Herz und Kraft. … Aufgewacht!
Aggregatzustände
Und schon wieder irgendwelche Gedankengänge, ich kann es nicht lassen. Und über was jetzt? Über sonderbare Phasenübergänge. Es geht um Stimmungen, was sonst?
Schwermut ist der erste Begriff: Ihr kann ich am besten Hoffnung als Begleiter an die Seite stellen, vor allem eine nicht erfüllbare. Schwermut ist schwer und träge, passiv wie ein Stück Feststoff.
Sehnsucht folgt ihr auf den Fersen: Sie geht für mich Hand in Hand mit Begehren. Sie ist wenig greifbar, nicht lokalisierbar, kommt und geht, umgibt und piesackt einen fortwährend. Sie ist wie Gas oder Dampf.
Manchmal kann man aber in den eigenen Emotionen diese beiden Zustände kaum auseinanderhalten, sie fühlen sich ähnlich an – wie eine Membran, nur von unterschiedlichen Seiten betrachtet -, vielleicht sind sie gar gleichzeitig da, oder sehr nahe beieinander. In der Physik gibt es den Begriff Sublimation. Er beschreibt den unter bestimmten Bedingungen unmittelbaren Phasenübergang eines Stoffes von fest zu gasförmig (also z.B. direkt verdampfendes Eis) ohne den intermediären flüssigen Aggregatzustand (hier Wasser). Oh, ein dritter Zustand erscheint auf der Bühne! Und was symbolisiert dieser nun? Für mich genau jenes Gefühl, das ich empfinde, wenn ich in allem von allem mich tragen lasse: Vertrauen. Keine Schwermut, die einen lähmt, kein Begehren, das einen vor sich hertreibt, sondern ein Vertrauen, das einfach nur fließt, sanft und beständig. Ist es nicht wunderbar stimmig? Für mich definitiv. Und aus diesem Vertrauen kann man in alle Richtungen schauen und vielleicht auch gehen. Dies fühle ich im Herzen, es ist das Inter-esse, das Dazwischen-/Inmitten-Sein, die Neugier und die Freude daran und eben an allem. Keine Schwermut, keine Sehnsucht, ein zartes, vielleicht zärtliches Vertrauen, keine abrupte Sublimation, ein weiches Fließen in sich, aber manchmal durch natürliche Phasenübergänge von hier aus auch zur Schwermut und auch zur Sehnsucht hin, wenn es einem doch beliebt, jedoch mit dem Rückschwinger zurück in die Mitte. Das ist nun die Theorie, aber auch häufig die Praxis. Jedoch nicht immer.
Und was ist Sublimation in der Psychologie? Nach Freud die Grundlage jeglicher Kultur mittels Umleiten von primitiven Bedürfnissen in sozial vertretbare. Dann ist meiner Ansicht nach der dritte Aggregatzustand in der Mitte wiederum das Fließen in der Kreativität, die Umwandlung von treibenden Energien. Faszinierend!
Superposition
… bezeichnet die Überlagerung physikalischer Größen, zum Beispiel elektromagnetischer Wellen, die sich dabei gegenseitig nicht behindern. In der Quantenmechanik entsteht Superposition zwischen Wellenfunktionen, denen jedoch keine „reale“ Bedeutung zukommt. Erst der Prozess der Beobachtung führt zu klassisch fassbaren Ergebnissen, dies jedoch auch nur verbunden mit bestimmten Eintrittswahrscheinlichkeiten. Einfaches Beispiel: Solange man einen Brief, den man aus der Quantenwelt erhält, nicht aufmacht, enthält er alle möglichen Inhalte und Aussagen gleichzeitig. Erst das Öffnen des Umschlags liefert ein unveränderbares Ergebnis. So verhält es sich auch mit der Phantasie, die alles Mögliche über den Inhalt eines Briefes ausdenken kann, solange das Auge ihn nicht liest. Sich in der Superpositionsphantasiegegend aufzuhalten, ist manchmal sehr-sehr schön.
Voyager
Vor ziemlich genau fünfundvierzig Jahren wurden zwei Sonden auf den Weg geschickt, zu erforschen, wo bis dahin noch kein Mensch gewesen ist, und vorzudringen außerhalb des Sonnensystems ins benachbarte All. Seitdem lauschen Forscher, also wir dem immer schwächer werdenden Klang der Reisenden. Wir spitzen unsere Ohren und hoffen, dass sie uns noch lange wohlgesonnen ihre Botschaften nicht vorenthalten. Aber warum können wir uns nicht lösen von ihnen? Ist es Neugier, Forscherdrang oder eine Art Verbundenheit? Ist es das Gefühl, wenn ein Teil von mir mich verlässt, sich auf die Wanderschaft begibt, ich mit ihm mich auch erweitere? Und wenn dann seine Stimme versiegt, wie fühle ich mich dann? Verlassen etwa? Ich denke, ja. Ich weiß es. Also lauschen wir und spreizen unsere Antennen treu, solange es geht.
Einspruch!
Hier stehe ich nun in meinem Lebenswald. Stege führen zu Bäumen weit und breit. Einige derer sind tot oder scheinlebendig, aber viele gute auch dabei, an anderen wunderschönen führen meine Stege vorbei. Ich blicke mich um. Wohin soll ich ab heute gehen? Und was sollen all diese Wege, die nicht bieten, was ich mir will nehmen? Von ihnen sollte ich lieber springen, so frage ich mich, ist die Gefahr auf unbekanntem Boden wirklich so gewiss? Es heißt, das Leben sei zu kurz für alles in der Welt. Nein, ich sage, es ist zu lang, nicht umgekehrt! Zu lang, so dass wir Menschen Zeit haben es zu vergeuden, und dabei erpicht darauf zu hören, was uns andere einbläuen. „So musst du, und hier entlang geht es mit deinen Wegen. Folge meinen Worten, folge ihnen, sonst wird es dir schlecht ergehen!“ Ist es so? Was steuert uns wirklich im Leben? Zwänge der Natur? Oder die Gesellschaft selbst, deren Regeln besagen, wie es für uns sein soll, oder wir sein sollen? Ich will fragen! Wer übernimmt die Verantwortung für all die verlorene Zeit? Betäubung, welcher Art auch immer? Oder das tote Herz, das zwar schlägt, uns aber nur aus Gewohnheit am Leben erhält? Nein! Ich begehre auf, mich steuert nicht nur die Natur! Etwas Höheres erschallt in meinen Ohren: „Dein Ziel ist vorne und wartet auf dich!“ Doch mein Geist flüstert beharrlich: „Obacht, da droht Dir Gefahr!“. „Aber was für eine Gefahr?“, fragt mein Bewusstsein zurück. Und still in mich hinein: „Was, wenn keine Zeit zu lang für all die Ängste, die man ausdenkt ein Leben lang? Ist es nicht eine größere Gefahr, so lange unglücklich zu bleiben? Und warum fällt es uns so schwer, einfach nur zu sein? Alleine, zu zweit oder zusammen mit vielen?“ Es wäre wirklich besser, wenn wir tatsächlich kürzer lebten. Dann wäre das Glück nicht nur eine Option unter vielen. Oder sie wäre vielleicht nicht gegeben, so dass wir sie nicht ersehnten, aber auch vielleicht gar das einzig Wahre für die kurze Zeit, die uns gegeben. Ich denke wieder in Möglichkeiten. Scheinbar nicht mal in Gedanken kann ich meinen Pfad verlassen. So stehe ich nun hier in meinem Lebenswalde und frage, wo sind die Bäume der Hoffnung, wo sind sie nur geblieben? Nein, keine Zweifel, ich rufe aus: „Mein Herz schlägt nicht nur aus Gewohnheit seit Jahren! Es schlägt, weil es leuchtet und lieben kann bei weitem! Denn nur die Liebe stellt unser Leben außer Raum und Zeit! Oder in einen Zeitraum gleich der Ewigkeit.“