In Anbetracht der Geschehnisse und des unaufhaltsamen und leider so aggressiven Wandels in der Welt verursacht durch uns Menschen habe ich mich gefragt, ob es angebracht sei, hier oder überhaupt über meine durchaus naiven Ansichten und seelischen „Wehwehchen“ zu schreiben, und vor allem diese meine Gedanken öffentlich zu machen. Sollte ich, statt über alles Mögliche zu sinnieren, doch im Grunde über Unwichtiges, nicht lieber etwas oder mehr Handfestes tun, denn Taten sagen mehr als tausend Worte? Darüber habe ich gestern mit einem für mich wichtigen Menschen gesprochen, dessen Ansichten ich sehr hoch achte. Die Antwort seinerseits kam unmittelbar, fast schon vehement: „Es ist wichtig für sich zu sorgen!“ Ja, das ist wahr, denn, wenn ich in mir ruhe, kann ich aus meinem Gleichgewicht heraus auch für andere besser sorgen. Und auch wenn ich nur das weitergebe, was ich fühle, und meine Gedanken mit einer positiven Botschaft beende, ist das so viel wert. Das Gute in der Welt scheint klein im Angesicht des wuchernden Bösen. Doch ersteres verhält sich wie Licht, das da ist als Energie, und als Fakt existiert. Dagegen ist der Schatten nur eine Eigenschaft, ein Zustand, ein Nichts. Der Schatten kann das Licht nicht vertreiben, aber für das Licht, diesen zu überdecken und zu umhüllen, ist ein Leichtes, und zeigt, dass, zu sein, es sich lohnt, einfach und immer. Aus allem, was schmerzt, was einen zu vernichten droht, erwächst doch immer etwas Neues, etwas Gutes, solange man dem Licht folgt. Dann wurde mir noch gesagt, es hieße, das Herz könne brechen vor Kummer, doch in Wahrheit verhält es sich anders. Es bricht nicht, es bricht nur auf und wächst über sich hinaus. Ja, und dieses Bild gab mir Kraft, denn Kummer empfinde ich sehr, wenn ich sehe, was wir tun mit der Welt. Und meine kleinen Sorgen? Sie sind da, sicher, aber eine Schande ist es nicht, über sie nachzudenken und auch zu schreiben, denn am Ende sehe ich doch immer das Licht, das ich in meinen Zeilen auch abstrahle. Und vielleicht, wie eine kleine Kerzenflamme, erwärmt dieses meine bescheidene Licht auch andere Herzen, die ihrerseits die Schatten in der Welt erhellen.
Himmelsspektakel
Es ist wohl kaum bekannt, dass der Blitz nicht von oben, sondern von unter schlägt lichte Bahn. Zunächst tastet eine Idee ihren Weg hernieder ab, die, wie ein Kanal leitet die Entladung von unten nach oben ein. Gaia lockt erst so den Himmel zu sich herunter, doch nur sie steigt zu ihm auf und gebiert Licht und Donner. Also auch hier, wie immer und überall, wählt die Frau, mit wem sie zusammen leuchten mag. Und was macht der Mann, so der Himmel in diesem Fall? Er behält nur scheinbar die Oberhand. Er ruft „Komm!“, und die Frau antwortet darauf „Nur, wohin ich will!“. Aber immerhin zeichnet er einen Pfad und bereitet ein Feld, worüber sie ihre Schönheit ausbreiten kann.
Silencio
Ich würde gerne über Stille schreiben, gedankenleer kaum was sagen, gehaltvolles Nichts ausdrücken, nur blinzeln, schauen, umhergucken. Ich würde gerne mich nur fragen, warum dieses viele Quengeln, in meinem Kopf das Wortgeplänkel? Dann würde ich anfangen zu schweigen, meine Worte nicht verschenken, meiner Ideen nicht gedenken, Wendungen meines Geistes bannen, nur in der Stille harren. Was ist schon die Selbstkundgabe, immer wieder Ruf nach Gnade? Ja, ist es vielleicht, oder auch nicht, es sind nur meine bunten Federn, die aus Worten einen Fächer bilden, mit dem ich mir Luft zuführe, in der Stille herumrühre. Ich kann es nicht, ich versuche, ich versuche, kann mir selbst nicht widerstehen, ich finde in mir keine Ruhe. Diese Stille ist mir zu fremd, es geht nicht, Punkt, Komma, End‘! Wie kann man dem Vogel sagen, er möge doch den Schnabel halten? Und ob ich aus Fuchses Rachen luge, auch dann mit lauter Stimme rufe: Stille in mir nur vorhanden, wenn ich denke und es sage, verzeiht mir mein Gehabe.
Die Macht des Ja
In unregelmäßigen Abständen spielt mir ein Freund Gedanken des Rabbi Shaul Rosenblatt aus London zu, die ihn per Newsletter erreichen.
Anfang Oktober standen folgende Zeilen in meiner Mailbox:
„There is no difference between human and animal.“ (Yom Kippur prayers)
und Rabbi Rosenblatt erläuterte weiter:
„This can be read differently – ’no‘ is the difference between human and an animal. A man can say no, an animal cannot. An animal is driven by its desires and instincts. A hungry lion cannot help but hunt and eat. A hungry human being can choose to eat or not. It is this ability to say ’no‘ that makes us human.“
Ich antwortete meinem Freund auch diesmal prompt, wie so oft, und teile ihm meine etwas abweichende Meinung zu dem Thema mit, auch wie so oft.
Nicht, dass der Rabbi in meinen Augen unrecht hätte, ich sehe es nur ein bisschen anders, denn seine Deutung stimmt nur bedingt mit meinem Bild von der Welt überein.
Nein sagen zu können unterscheidet uns wahrhaftig vom Tier, denn in der Lage sind wir gewiss, bewusst etwas Schlechtes zu unterdrücken. Doch Ja sagen zu können macht uns erst zum höheren Wesen, dem Menschen, denn nur auf diese Weise entscheiden wir uns gezielt für etwas Gutes.
Nein ist ein Dagegen. Ja ist ein Dafür. Ich bin wegen des Letzteren ein Mensch und wegen des Ersteren kein Tier.
Und wozu sagt Gott Ja, so dass wir ihm in dieser Hinsicht untergeordnet, und er über uns steht? Des Menschen Nein ist in diesem Fall sein Zweifel, doch Gottes Ja sein unerschütterliches Vertrauen in uns. Nicht der unsere, sondern sein Glaube schlägt eine leuchtende Brücke in die Menschenwelt, auf der an seiner ausgestreckten Hand wir wandeln unserem Lebensweg entlang.
Aber sag‘, Rabbi, gibt es denn Gott, und wie ist er? Du schweigst? Vielleicht weißt du es selbst nicht. Doch ob Jude, Moslem oder Christ, Buddhist oder Atheist, niemand kann leugnen, die Liebe ist allgegenwärtig!
… und bei jedem Schritt auf der Brücke flüstere ich mein ewiges Mantra, das einfache Ja zur Liebe.
Seelenbeben
Ich rufe deinen Namen in mich hinein,
Dann schreie ich ins Endlose „nein!“,
Meiner Seele Tiefe ersingt mein Leid,
Mein Klagelied tost, ein Orkan von Pein!
Es bebt im Ozean von Licht und Schall,
Und am Wasserwall meiner Wimpern angelangt,
Rauscht es und wispert „verlass‘ mich nicht“.
Im Brunnen meiner Kehle Stille verhallt,
Ich rufe deinen Namen so sanft, so sanft.